Gestern Abend war es wieder soweit: Ganz Deutschland – oder zumindest ein großer Teil davon – hat die halbe Nacht vor der Glotze verbracht, um sich die wohl längste Werbesendung der Welt anzusehen. Offiziell heißt das Format „Popstars“ und irgendwann war das vielleicht sogar mal spannend. Die Inhalte der gestrigen Sendung hätte man ohne die dauernden Unterbrechungen für aufgeblasene Produktbeschreibungen jedoch locker auf 30 Minuten zusammenbacken können.
Weitaus erschreckender als die Verwandlung in einen Affenzirkus ist jedoch das Schweigen der Zuschauer. Anders als bei Lebensmitteln, Strom und Gas fühlt sich niemand genötigt aufzuschreien und laut zu protestieren. Gegen abgedroschene Phrasen und die kläglichen Versuche der Beteiligten so etwas wie Spannung zu erzeugen. Gegen dümmliche Kommentare und eine Show, die von Qualitätsfernsehen so weit entfernt ist wie Sydney vom Nordpol. Der mündige Zuschauer sucht leichte Unterhaltung und wird am Ende wieder einmal für dumm verkauft. Und wie schon bei den Talkshows, den Gerichtsshows und dem restlichen Unsinn wird auf der heimischen Couch viel über den Verfall des Formats lamentiert, aber nicht reagiert. Zum Beispiel durch ab- oder umschalten auf die so oft gescholtenen öffentlich rechtlichen Kanäle.
Das Fass zum Überlaufen bringt jedoch das offensichtliche Arrangement der Sender, was ihre Top-Formate angeht. Die Popstars verabschieden sich von der Showbühne und schon bald sucht RTL den nächsten Superstar. Und wenn der gefunden ist, kann man sicherlich die nächste Retortenband bei Popstars aus dem Boden stampfen. Echten Wettbewerb gibt es dabei nicht, denn die Teilnehmer haben den Markt untereinander aufgeteilt. Da wünscht man sich eine Kartellbehörde fürs Fernsehen, die für mehr Wettbewerb und – im Endeffekt – für mehr Ruhe sorgt. Denn aus einem Wettkampf kann nur einer als Sieger hervorgehen und ließe man die Super- wirklich gegen die Popstars antreten, wäre zumindest im Anschluss ein paar Monate Funkstille. Bis es soweit ist wird der Zuschauer weiter bombardiert und ein Ende ist erst in Sicht, wenn er die Casting-Shows endlich abserviert.
(Für Niels)