Hätte, könnte, müsste, wäre (Jeder kann Journalist sein)

Der Konjunktiv ist eine schöne Sache und zudem bei Online-Journalisten immer beliebter. Was nicht klar belegbar ist, wird einfach im Konjunktiv geschrieben oder mit einem Fragezeichen versehen. Und das schlimmste daran: inzwischen machen sogar die Agenturen bei diesem Spielchen mit. Ein typisches Beispiel für eine solche virtuelle Wortkette liest sich ungefähr so:

„Wie das Magazin X berichtet, könnte Unternehmen Y in naher Zukunft dies und jenes tun. In dem Bericht beruft sich das Magazin auf informierte Kreise.“

Und auf Deutsch übersetzt:

„Der Bruder von Karl hat dem Wilhelm neulich erzählt, dass die Karla womöglich was mit dem Peter hat. Habe ich so gehört.“

Was die Medien machen, ist also immer mehr Hörensagen. Soweit so gut und in vielen Fällen behält die Quelle auch Recht, aber eben nicht in allen und wenn man an der Quelle sitzt, weiß man auch wie hoch die Zahl der Enten ist. Denn vieles, was heutzutage gemeldet wird, stellt sich im Nachhinein als falsch oder zumindest in Teilen falsch dar. Und gerade im Internet ist es mode geworden, Dinge völlig unreflektiert und ohne ein Mindestmaß an Überprüfung zu verbreiten.

Der Zwang, Nachrichten möglichst schnell online zu stellen, spielt dabei eine große Rolle, aber genauso oft ist es Bequemlichkeit oder Faulheit. Warum zum Teleonhörer greifen und anrufen, wenn die Meldung passgerecht über die Agentur gelaufen ist. Selbstständiges Denken? Fehlanzeige, was uns zu dem Schluss bringt, dass Online-Journalismus heute eigentlich jeder machen kann. Wenn etwas unklar ist, benutzen wir einfach weiterhin den Konjunktiv. Und wenn der nicht passt, setzt man einfach das eine oder andere Fragezeichen in die Überschrift. Damit wird deutlich, dass man eigentlich keine Ahnung vom Thema hat der Bericht nicht ganz wasserdicht ist.