Während der Lektüre von Nachrichten im Internet stolpere ich immer wieder über Meldungen, die jegliche Angaben von Quellen vermissen lassen. Das letzte Mal heute Mittag beim Express, der über den sensationell hohen Strafzettel des finnischen Unternehmers Juri Bär berichtet. 112.000 Euro soll der finische Millionär zahlen, weil er 22 Kilometer zu schnell gefahren ist. Eine gute Geschichte, die jedoch völlig verfremdet ist. Der Express gibt nicht an, woher die Informationen stammen und dazu ist der Name des Millionärs verschwunden, der eigentlich genannt wurde. Eigentlich, denn bis zu ihrem Erscheinen beim Express hat die News bereits einige Stationen durchlaufen.
Mit ein wenig Google findet sich derselbe Text noch einmal bei den Shortnews von Stern, die wiederum auf die Nachrichten bei Evocars verweisen. Korrekt ist das jedoch auch nicht, denn auch Evovars verwertet die Nachricht nur weiter. Der eigentliche Absender ist die Online-Ausgabe der finnischen Zeitung Savon Sanomat, wo die Meldung am 5. März erschienen ist. Zitiert wird die Meldung noch an anderen Stellen im World Wide Web, doch letzten Endes führen alle Wege nach Rom, oder besser gesagt nach Finnland.
Und auch wenn der Text auf Finnisch verfasst ist, wird mit einem der vielen Online-Übersetzer schnell deutlich, dass hier mit großer Wahrscheinlichkeit der Ursprung des Textes liegt. Und es stellt sich die berechtigte Frage, wieso sich beim Abschreiben von Nachrichten solch katastrophale Fehler in der Berichterstattung einschleichen. Vielleicht mag es der Nettiquette entsprechen, den eigentlichen Finder der Nachricht lobenswert zu erwähnen, zur Quelle macht ihn das noch lange nicht. Für den Leser muss klar sein wer der Absender der Botschaft ist.
Und als wäre das nicht genug, scheinen die meisten Schreiber und Abschreiber auch mit einem extremen Mangel an Allgemeinwissen ausgestattet zu sein. Denn solch hohe Strafen sind in Finnland keine Seltenheit. Am meisten Aufsehen erregte sicherlich das Bußgeld gegen Anssi Vanjoki, der damals wie heute im Vorstand von Nokia sitzt. Auch er sollte mehr als 100.000 Euro Strafe fürs Rasen zahlen, schaffte es aber das Bußgeld zu drücken.
Diese Information hätte den Text sicherlich spannender gemacht, denn die Ausgangslage war ähnlich. Bei beiden war die Summe exorbitant hoch, weil in der Vergangenheit mit Aktienverkäufen viel Geld verdient wurde und Knöllchen in Finnland auf Basis des durschnittlichen Einkommens berechnet werden. Aktienverkäufe fließen hier mit ein. Vanjoki machte diesen Sonderffekt geltend und drückte die Strafe am Ende so auf schlappe 5900 Euro. Immer noch viel, aber in der Gehaltsklasse einfach eine Shopping-Tour weniger.
Die Chancen für Bär stehen also gar nicht schlecht, aber warum den Leser mit so viel Zusatzinformationen nerven? Genau wie mit dem Umstand, dass es neben Bär und Vanjoki noch einen dritten prominenten Sünder gab: den Multimillionär Jussi Salonoja. Der wurde 2004 geblitzt und sollte insgesamt 170.000 Euro zahlen. Ob er sich ebenfalls aus der Affäre winden konnte ist mir unbekannt, denn nach zehn Minuten Suche ist mir die Lust vergangen. Wenn das ausgebildete Redakteure nicht machen, warum sollte ich dann?
(Dieser Beitrag ist Stefan Niggemeier und seiner unermüdlichen Arbeit für besseren Journalismus gewidmet)