Im Online-Geschäft wird geklaut was nicht niet- und nagelfest ist. Klickshows, die aus 100 Folien mit einzelnen Sätzen bestehen, stinken. Wer sich länger im Internet bewegt wird früher oder später mit einer dieser beiden Weisheiten Bekanntschaft machen. Optional surft einfach bei Welt.de vorbei. Dort schaffen es Lina Panitz und ihre Kollegen in ihrem Bericht über den Krankenkassen-Test von Stiftung Warentest beides in einem Beitrag zu vereinen.
Auf sage und schreibe 118 Folien bringt es die Klickstrecke, was nicht nur mich zu einem spontanen Kommentar hingerissen hat. Auch andere Leser fragen sich, ob man bei welt.de schon einmal etwas von Tabellen gehört hat. Das sind diese lustigen Dinger aus Word und Excel, die ein anständiges Content Management System heutzutage sogar direkt aus diesen Programmen importieren kann. Aber wer braucht das schon, wenn man die Klicks pro Nutzer steigern muss?
Die Aufbereitung ist jedoch gar nicht einmal das Schlimmste (und wurde vom Kollegen Niggemeier auch oft genug thematisiert). Richtig derbe ist die Übernahme der Daten von Warentest. Deren Bezug kostet normalerweise Geld (2 Euro für den vollen Artikel) und was die Welt in der Klickstrecke abbildet, sind nicht mehr und weniger als die vollständigen Daten aus der angehängten Tabelle – dem Herzstück des Berichts von Finanztest. Um das zu verbildlichen habe ich das Dokument einfach mal gekauft und einen Screenshot gemacht.
Ein klarer Ripp-Off, den nach der Kombination aus Text und Klickstrecke besteht eigentlich kaum noch ein Grund, bei den Testern teures Geld für den Bezug des vollständigen Berichts auszugeben. Zumindest wenn einem Übersichtlichkeit egal ist. Denn die eingangs erwähnte Tabelle hat gegenüber der Klickstrecke einen entscheidenden Vorteil: man kann sie dazu benutzen wofür sie eigentlich gedacht ist, den Vergleich innerhalb fest definierter Spalten.
Vielleicht setzen sich die Redakteure bei Welt.de ja noch einmal zusammen und nehmen die Klickstrecke aus dem Netz. Wenn schon nicht aus Rücksicht auf die eigenen Nutzer, dann vielleicht aus Respekt vor dem geistigen Eigentum anderer. Ich gehe schließlich auch nicht morgens zum Kiosk und scanne die Printausgabe der Welt ein, um sie dann als Klickshow in meinem Blog anzubieten. Aber Moment mal: hier könnte sich das sogar lohnen. Nicht finanziell, sondern inhaltlich. Auf den einzelnen Folien gäbe es wenigstens was zu lesen 😉
//Nachtrag:
Es geht noch dümmer, obwohl ich das eigentlich nicht wahrhaben möchte. In einem Artikel über Verkaufsautomaten für Gold hängt eine Klickstrecke, die Gold in Relation zu Währungen setzt. Als Beschreibung heißt es dort lapidar: „So viel haben die Währungen seit der Pleite der US-Investmentbank Lehmann im Vergleich zum Gold an Wert verloren“. Eine tolle Angabe des konkreten Vergleichszeitraums. Und wie die Autoren in dem Beitrag selbst treffend festhalten, sind sowohl Goldpreis als auch Devisenkurse ständig in Bewegung. Sinnloser geht es also kaum noch. Es sei denn, es werden wirklich noch die schönsten Zahlen zwischen 1. und 10.000 live geschaltet 😉