Killerfragen

Mit „Killerspielen“ ist das so eine Sache. Die Mehrheit der Spieler kann mit dem Begriff nichts anfangen und Spielemagazine werden nicht müde, immer neue Protestaktionen zu starten. „Spiele machen keine Killer“ ist einer der zurzeit beliebtesten Sprüche und die Politik wird von der PC Games wieder einmal aufgefordert, den unsäglichen Begriff ganz aus der Dikussion über Games und Gewalt zu streichen. Eigentlich alles schön und gut, würde die Spielpresse von der kleinsten Fan-Klitsche bis zum größten Magazin nicht selbst völlig unreflektiert mit solchen Begriffen um sich werfen. Und das schlimmste daran: das Problem dürfte den meisten noch nicht einmal bewusst sein.

Ein gutes Beispiel dafür ist die News über die Zusatzkarte Coral Sea für das Spiel Battlefield 1943. Das Szenario, auf dem sich Spieler Zweikämpfe mit alten Jägern aus dem zweiten Weltkrieg liefern, muss erst freigespielt werden. Die Karte steht erst im Menü zur Verfügung, wenn alle Spieler zusammen 43.000.000 Kills erreicht haben. Eigentlich nichts besonderes, denn in der Gaming-Szene ist der Bergiff Kills spätestens nach der Einführung von „Kill-Death-Rates“ im Rahmen von Statistiken nichts mehr besonders. Für einen Außenstehenden sicherlich schon.

Vor einigen Jahren wurde als Hauptbegriff noch das Wort Frag verwendet, das meines erachtens auch besser zur Idee des gemeinsamen Punktesammeln passt, als „Kills“. Angesichts der fortschreitenden Verbreitung des Denglischen macht man mit dem Wunsch jemanden zu „killen“ in unseren Gefilden nämlich durchaus deutlich, dass man diesem ans Leder will. Und überhaupt: Frags kommen nicht von ungefähr, sondern sind die weichere, die nettere Form über das Thema zu sprechen. Oder zu schreiben. Ich „kille“ meine Gegner nicht, sondern ich nehme sie aus dem Spiel. Genau wie beim Brenn- oder Völkerball.

Das gesagt verwundert es mich umsomehr, wieso kaum ein deutsches Leitmedium im Bereich Spiele sich Gedanken über diese Frage macht. PC Games, GameStar , Eurogamer und wie sie alle heißen, kaum jemand hat sich die Mühe gemacht statt der Kills die Frags einzusetzen. Richtig fies ist die Umsetzung von Krawall, wo man zwar von „virtuellen Toden“ spricht, aber auch vom „morden für die Entwickler“. Ein Spieler mag den schwarzen Humor hinter der Aussage vielleicht verstehen, das Such- und Auswertungs-Team eines Dr. Pfeiffer sicherlich nicht.

Es sind solche Nachrichten, die von den Massenmedien mit ihren in der Spielewelt oft unerfahrenen Redakteuren aufgegriffen und ausgeschlachtet werden. „Virtuelles ‚Killen‘ hoch im Kurs“, „Virtuelle Mini-Killer“ und wie der Schwachsinn auch immer heißen mag. Gerade deshalb ist es wichtig, mit der Berichterstattung keine Steilvorlagen zu liefern und sich beim texten von Nachrichten auch zu überlegen, welche Botschaften ein Nicht-Spieler aus dem Text zieht. Und dabei geht es nicht ums verharmlosen und verstecken, sondern einfach um die Vermeidung von Killerfragen. Vor allem solche von ausgewiesenen Spiele-Gegnern.