Parallelwelten

Eigentlich wollte ich heute Abend über Zensursula und ihr dämöiches Gesetz abledern, Neda Soltani hat mich jedoch eines besseren belehrt. Der Tod dieses jungen Mädchens, den ich wie viele andere für echt halten, bewegt selbst täglich mit Bildern von Unfällen und Toten überflutete Redakteure wie mich. Es ist eine Sache, über Tote und verletzte zu schreiben, aber eine ganz andere jemandem beim sterben in die Augen zu sehen. Und auch wenn das Bild verwackelt ist, kann man genau das tun. Wie viele andere Managzine haben die Kollegen des Sterns Stern haben diesem tragischen Tod auf Teherans Straßen ein paar Zeilen gewidment. Und auch wenn der zweite Text über die dpa kommt, sind doch einige interessante Schlussfolgerungen enthalten. Vor allem der Teil über die Solidarisierung im Internet.

Die Reaktionen auf das Video sind gewaltig. Facebook, Twitter, Wikipedia. Die Seiten sind voll mit Kommentaren und Beileidsbekundungen, in einigen sozialen Netzwerken haben sich bereits Gruppen gebildet. „Free Iran“, „Never forget the voice“ und wie sie alle heißen mögen. Und so sehr mich das Video bewegt, stehe ich dem Aktivismus ratlos gegenüber. Ja, es gibt eine unschuldige Tote, aber es ist nicht die erste und nicht die letzte. In Filmen sind solche Szenen Schlüsselelemente, in den vielen Krisenherden dieser Welt traurige Realität. Und das schlimmste daran ist nicht einmal, dass die Aktivisten wahrscheinlich nicht einmal drei davon beim Namen nennen können, sondern außer dem Video vom Iran keinen blassen Schimmer haben.

Es ist in Ordnung, wenn die Menschen in diesem Land eine Stimme gefunden haben, vielleicht sollte sich der Rest der Welt jedoch überlegen warum es erst den Tod einer jungen frau braucht um sich neben Twitter, iPhone-Apps und anderem Scheißdreck auch mal zwei Minuten mit den wichtigen Dingen im Leben zu beschäftigen. Also schauen wir mal, wie lange der Hype anhält und wie viele Einträge sich in einem Jahr zu diesem Thema finden. Auf den 20. Juni 2010 habe ich mir vorhin einen Reminder in Outlook gesetzt. Beantwortet wird die Frage also in enem Jahr an derselben Stelle.