Masse statt Klasse

Als Online-Redakteur gehört Google seit vielen Jahren zu meinem Alltag. Ich muss Texte und Überschriften in Richtung Suchmaschine optimieren, die richtige Dichte der Keywords beachten und bevor ich den Artikel schreibe erst einmal überlegen, was denn überhaupt die wichtigen Keywords sind. All das sind Dinge, mit denen ich leben kann. All das sind Dinge, mit denen ich in meinem Beruf inzwischen leben muss. Langsam aber sicher geht mir der Optimierungswahnsinn aber auf den Keks, denn ich habe immer mehr das Gefühl für eine Maschine zu schreiben anstatt für meine Leser. An einem aktuellen Beispiel möchte ich das demonstrieren.

Zu einem Thema erscheinen meistens viele Meldungen, die seitens der Agenturen in einem „Roundup“ gebündelt werden. Diese Bündelung macht nicht nur aus redaktioneller Sicht großen Sinn, sondern auch in Hinblick auf die Leserschaft. Wer eine Website besucht, möchte in der Regel nicht 20 einzelne Meldungen mit jeweils drei Sätzen lesen, sondern eine zusammengefasste Meldung mit den wichtigsten Fakten. Und so wird es bisher auch gehandhabt. Die Betonung liegt dabei auf „bisher“, denn in Zukunft könnte das alles ganz anders aussehen.

Schlaue Köpfe aus dem SEO-Bereich sind der Überzeugung, dass es Google besser gefällt, wenn in einem Medium viele Nachrichten zu einem Thema erscheinen. Wenn Airbus oder Boeing ein neues Flugzeug starten lassen, schreiben wir zukünftig also am besten drei Artikel. Einen am Morgen, der sich mit dem Start am Mittag beschäftigt, einen am Mittag, in dem es um den Start geht, und einen am Nachmittag, wenn das Flugzeug wieder gelandet ist. Schön ist das nicht und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendjemand gesteigerten Wert auf eine solche Stückelung der Inhalte legt.

Betrachtet man sich diese Vorgaben ein wenig genauer, ist die Berichterstattung im Online-Bereich nicht mehr  weit entfernt von einer Automatisierung. Warum noch groß Arbeit in einen Text stecken, wenn man am Tag ohnehin vier oder fünf davon produzieren muss? Spaß macht das nicht und mit Journalismus hat es auch nicht mehr viel zu tun. Masse statt Klasse, wieder einmal…

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